"Aufregende Vögel gibt es ja nur auf dem Land. In der Stadt leben ja nur Blaumeisen und Rotkehlchen." Wenig grün, hin und wieder ein Stadtpark, aber ansonsten nichts außer Beton. So oder so ähnlich lauten nicht wenige Vorurteile über große urbane Lebensräume. Wie sich erahnen lässt, gehören diese Mythen jedoch ins Reich der Märchen, denn eigentlich brauch es nicht mehr als ein waches Auge und etwas Hintergrundwissen, um den einen oder anderen tierischen Großstadtbewohner etwas genauer kennenzulernen. (Für mehr urbane Stadtbewohner klickt hier.)
Zu den mittlerweile klassischen Großstadtbewohnern zählt auch der Turmfalke. Er bevorzugt vorwiegend hochgelegene Brutplätze. Auf diese Vorliebe ist auch seine Bezeichnung als Mauer-, Dom- oder Kirchfalke zurückzuführen. Grundlegend lassen sich Turmfalken bereits recht markant an ihrer Größe erkennen und von anderen Vögeln leicht unterscheiden. Neben dem deutlich größeren Mäusebussard ist der Turmfalke der am häufigsten vorkommen Greifvogel in Deutschland. Nimmt man es besonders genau, muss sogar erwähnt werden, dass der Turmfalke gar kein Greifvogel ist. Letzte Genomsequenzierungen der Turmfalken-DNA konnten nachweisen, dass der knapp 30-37cm große Vogel eher mit Papageien, als mit Adlern oder anderen Greifvögeln verwandt ist.
Männchen und Weibchen unterscheiden sich
Männchen und Weibchen haben unterschiedliche Gefiederfärbungen. Weibchen sind tendenziell etwas größer und mit 260g auch minimal schwerer als ihrer männlichen Artgenossen, die auf circa 200g kommen. Bei Männchen sind vor allem die rostbraune Oberseite mit schwarzen Rautenmustern sowie der graue Kopf und der graue Schwanz mit einer schwarzen Endbinde charakteristisch. Weibchen dagegen sind eher unauffällig braun gefärbt und haben am braunroten Rücken dunkle Querbänder.
Turmfalken lassen sich ganzjährig in deutschen Breitengrade zu entdecken. Das liegt unter anderem am "warmen" Klima, sowie einem breit gefächerten Nahrungsangebot. In Regionen, in denen es zu längeren Frostzeiten kommen kann, kann der Turmfalke auch als Teilzieher vorkommen. Er verlässt dabei sein angestammtes Brutgebiet und zieht für die Kältephase in wärmere Gebiete mit größerem Nahrungsangebot.
Turmfalken bevorzugen Brutbiotope mit abwechslungsreichen Kulturlandschaften. Dicht geschlossene Wälder oder komplett baumlose Steppen werden dagegen gemieden.
In urbaneren Gebieten nutzt der Turmfalke aber auch Strommasten von Starkstromleitungen als Nistplatz, einen nahegelegen Kirchturm oder einfach eine Hausfassade, die etwas Platz vor Wind und Wetter bietet. Zum Jagen werden freie Flächen mit niedrigem Bewuchs benötigt, was auch erklärt, wieso sich der Turmfalke auch in größeren urbanen Gebieten wohlfühlt. Naherholungsgebiete mit größeren Wiesen können hier wie ein Paradies daherkommen. Aber auch während Autofahrten über die Autobahn oder Landstraße lassen sich Turmfalken immer wieder mal entdecken.
Meister des Rüttelflugs
Als Rüttelflug wird eine besondere Flugtechnik bezeichnet, die es manchen Vogelarten erlaubt, in der Luft auf der Stelle zu verharren, um aus der Höhe nach potentiellen Beutetieren zu spähen. Der Körper wird zunächst in Schräglage gebracht, um den Vortrieb der schnell aufeinanderfolgenden Flügelschläge abzufangen. Die Vögel fliegen anschließend mit angestellten Flügeln gegen den Wind und nutzen diesen so, um Auftrieb zu erhalten. Ihre Schwanzfedern sind meist weit gefächert, was für die nötige Stabilität sorgt. Gerade bei windigeren Verhältnissen lässt sich durch ständiges Korrigieren der Schwanzfedern erkennen, wie wichtig die richtige Stabilität ist. Auftrieb und Schwerkraft des Vogels befinden sich also nahezu durchgängig im Gleichgewicht, wenn der Turmfalke im Rüttelflug unterwegs ist. Neben Turmfalken jagen aber z.b. auch Mäusebussarde, Eisvögel, Schwalben und Möwen im Rüttelflug.
Warum immer nur Mäuse fressen?
Im offenen Kulturland lebende Turmfalken ernähren sich überwiegend von Kleinsäugern, wie Wühlmäusen und anderen Säugetieren. In Städten lebende Tiere greifen dagegen auch gerne mal zu kleineren Singvögeln. Man nimmt halt, was vorhanden ist. Welche Tiere den Hauptteil der Beute ausmachen, ist natürlich abhängig von den lokalen Gegebenheiten. Wenn der Speiseplan es hergibt, darf es aber auch gerne mal eine Eidechse sein, was vor allem bei Turmfalken in Südeuropa zu beobachten ist. Regenwürmer und weitere Insektenarten, wie z.b. Heuschrecken und Käfer kommen dagegen häufiger auf den Teller, wenn z.b. eine Mauspopulation extrem geschrumpft ist. Auch Jungtiere, deren erfolgreiche Jagdeigenschaften noch nicht final ausgeprägt sind, greifen gerne mal zu Insekten.
In Deutschland gibt es aktuellen Schätzungen nach zwischen 42.000 - 68.000 Brutpaare. Sein Bestand ist aktuell nicht gefährdet, wenn gleich jüngste Bestandzählungen eher zurückgehende Zahlen aufwiesen. So oder so lohnt sich ein Blick in den Himmel, nicht nur auf dem Land.
Super schöner Beitrag über die Turmfalken. Ich konnte sogar die Unterschiede gut erkennen. Dankeschön dafür. War wie immer eine super Erklärung