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AutorenbildMarco Papajewski

Deutschlands größter Greifvogel, der Seeadler

Wenn das Jahr erst einige Wochen alt ist, ruft die Tierwelt bereits zu einem ersten beeindruckenden

Schauspiel. Während sich so manches Säugetier noch im Winterschlaf befindet und sich seelenruhig

von links nach rechts dreht oder zumindest in der Winterruhe weilt und lediglich zur Nahrungsaufnahme den Bau verlässt, machen sich erste Vogelarten schon bereit für ihren ersten

wichtigen Auftritt im Jahr, die Balz. In der Verhaltensbiologie beschriebt die Balz unter anderem das

werbende Vorspiel vor der Paarung zweier Vögel. Besonders interessant ist sie nicht nur bei Vögeln

mit hübschen und auffälligem Federkleid, sondern auch bei solchen mit einer herausragenden und

beeindruckenden Körpergröße. Ein Vogel, auf den das zweifelsfrei zutrifft, ist der Seeadler. Mit

seinen 250cm Flügelspannweite gibt es europaweit keinen anderen Greifvogel, der es mit der Größe

eines Seeadlers aufnehmen kann.

Seeadler können eine Flügelspannweite von bis zu 250cm erreichen; hier ein Jungvogel

Wie viele andere Tiere waren auch die Seeadler in Deutschland fast schon ausgestorben. Ein erhöhter Artenschutz und ein gesteigertes Bewusstsein für das Wohl der Tiere lassen die Population aktuell auf gut 800 bis 850 Brutpaare in Deutschland ansteigen. Anders als in Nordeuropa und Russland, wo der Seeadler ein Zugvogel ist, lässt sich Europas größter Greifvogel in Mitteleuropa das gesamte Jahr über am Himmel erblicken. Ein hohes Nahrungsaufkommen und günstige klimatische Bedingungen lassen den Seeadler in Deutschland zu den Standvögeln zählen

Alles beginnt mit dem richtigen Partner

Ausgewachsene Seeadlerpaare leben in Dauerehen zusammen. Im Gegensatz zu jüngeren Tieren

müssen sie sich also keinen neuen Partner suchen und sind sich ein Leben lang treu. Auf Grund ihrer

imposanten Größe zeigen Sie aber dennoch Jahr für Jahr aufs Neue beeindruckende Flugmanöver mit

der beginnenden Balz im Januar. In spektakulären Synchronflüge stoßen die anmutig wirkenden

Vögel immer wieder spielerisches aufeinander und beeindrucken so nicht nur menschliche Beobachter. An sonnigen Tagen mit starken Winden zeigen sich Seeadler besonders aktiv. Warme

Luftzüge unterstützen das Flugverhalten und sorgen beim Imponiergehabe nicht selten für waghalsige Flugmanöver. Ein weiteres wichtiges Merkmal der Balz ist der gemeinsame Ruf der balzenden Tiere. In immer wieder unterschiedlichen Tonlagen kommunizieren Männchen und Weibchen eindrucksvoll miteinander. Während das Seeadler-Weibchen meist in tieferen Tönen ruft, ist das Männchen oft an einer sehr hohen Tonlage zu erkennen.

Eins ausgewachsener Seeadler ist u.a. an seinem gelben Schnabel erkennbar.
Die Jugend ist keine Konkurrenz

Jungtiere, auch aus anderen Revieren, werden während der Balz selten als Konkurrenz wahrgenommen. Zu groß ist der Unterschied in Größe und Kraft zu ausgewachsenen Tieren. Zu Kämpfen um Reviere und Weibchen kommt es in der Regel nur zwischen ausgewachsenen Seeadlern.

Hat ein Tier einen Revierkampf für sich entschieden, sucht der unterlegene Adler meist das Weite, in

der Hoffnung sich an anderer Stelle ein eigenes Revier aufbauen zu können.


Haben sich zwei Adler gefunden, beginnen sie mit dem Bau ihres berühmten Adlerhorstes, der sich in

Baumkronen oder Felsnischen befinden kann. Als Nestmaterial nutzen Seeadler kleinere Hölzer aus

ihrem Revier für eine stabile Außenkonstruktion. Gern genommene werden auch Äste aus Krähen-

oder Greifvögelnestern, die eine ähnlich stabile Grundlage für den eigenen Nestbau bieten. Die

Nestmulde im Inneren eines Horstes wird mit Gräsern und Moos ausgestaltet, auch damit sich

kommenden Jungtiere nicht an spitzen Ästen unglücklich verletzen.

Neu gebaute Horste können einen Durchmesser von 150cm betragen. Da Seeadler aber zu den

Standvögeln zählen, nutzen sie ihren Horst meist auch in den Folgejahren und bauen diesen Jahr für

Jahr zu imposanten Bauten aus. Dabei kann der Durchmesser auf bis zu 200cm und einige Meter Höhe anwachsen. Besonders beeindruckend ist auch das Gewicht eines Adlerhorstes, das über

Jahrzehnte bis zu mehreren hundert Kilo anwachsen kann.

Frauen an die Macht - Das Weibchen hat das Sagen

Noch während des Nestbaus bestimmt das Weibchen den genauen Paarungszeitpunkt. Ist der Akt

der Fortpflanzung erfolgt, das so genannte kopulieren, legen Seeadler-Weibchen ein bis drei Eier, auf

denen die Weibchen bis zu 38 Tage lang brüten. Während das Weibchen auf den Eiern sitzt, kümmert

sich das Männchen um die Nahrungssuche. Vorzugsweise ist er dabei auf der Suche nach Fischen, die

nah an der Wasseroberfläche schwimmen. Darüber hinaus zählen aber auch Säugetiere, Vögel und

Aas zu seinen Hauptnahrungsquellen. In erster Linie versucht der Adler sich die Nahrungssuche aber

einfach zu gestalten und erbeutet gerne kranke oder schwache Tiere. Eine lange Jagd ist anstrengend

und kostet viel Kraft. Und dennoch kann dieses Kraftpaket Fische mit einem Gewicht von fünf

Kilogramm tragen.

Sind die Küken nach knapp 40 Tagen geschlüpft, erreichen die Jungvögel nach etwa 75 Tagen das

Ästlingsstadium, in dem Sie zwar das Nest verlassen, aber noch nicht fliegen können. Als Ästlinge sind die Jungtiere erst einmal weiter von ihren Eltern abhängig und mehr denn je auf ihren Schutz

angewiesen. Während sich das Weibchen zumindest in der Zeit der Brut bei den Eiern und dem Nachwuchs befindet, warten hungrige Nesträuber, wie Waschbären oder Krähen, nur auf die Zeit, in

der die Elterntiere das Nest verlassen.

Eigene Nahrung können die geschlüpften Jungtiere zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht erjagen.

Erst nach 80 bis 90 Tagen machen die kleinen Adler ihre ersten Ausflüge und verlassen Nest und

Geburtsbaum.

Ein Jungtier versucht sich gegen einen älteren Vogel am Aas durchzusetzen.
Auf in eine gute Zukunft?

Wie bei vielen Tieren sind die ersten Wochen und Monate in einem Leben des Seeadlers meist die

entscheidenden. Anders jedoch als bei manch kleineren Vögeln, ist die Überlebensrate bei Jungtieren

Forschungen nach durchaus hoch. So ergab eine norwegische Studie aus dem Jahr 2000, dass knapp

9 von 10 Jungtieren die ersten beiden Lebensjahre überleben und damit die schwerste Phase eines

Adlerslebens überstehen. Zu Gute kommt Ihnen dabei auch Ihre Größe, denn natürliche Feinde

haben gerade ausgewachsene Seeadler nicht. Zu den größten Feinden zählen der Mensch, eine

illegale Bejagung, aber auch architektonische Bauten, wie Windräder oder Strommasten.

Und doch gehen auch die Zählungen durch den NABU glücklicher Weise nach oben. Die Seeadler-

Population in Deutschland erholt sich so weit, dass der Gefährdungsgrad aktuell als „nicht gefährdet“

eingestuft wird. Gerade in den norddeutschen Bundesländern werden immer mehr Seeadler an

wasserreichen Gebieten entdeckt. Besonders spektakulär waren jüngste Sichtungen im Winter 2021

in den Stadtgebieten von Berlin und Hamburg. Dazu kann es immer wieder kommen, wenn Seeadler

in der kalten Jahreszeit ihr Gebiet der Nahrungssuche erweitern oder sich ein Jungadler auf die Reise

nach einem eigenen Revier macht.

Ein Alttier kurz nach der Landung
 
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